Ab- und Rückmeldepflicht eines freigestellten Betriebsratsmitglieds bei Erfüllung externer Betriebsratsaufgaben (BAG Beschluss vom 24.02.2016 – 7 ABR 20/14)

In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, wie freigestellte Betriebsräte mit ihrer Arbeitszeit umgehen müssen. Insbesondere stellt sich auch die Frage, ob der Arbeitgeber diese kontrollieren darf.

Der siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat hierzu am 24.02.2016 entschieden, dass freigestellte Mitglieder des Betriebsrats verpflichtet sind, sich beim Arbeitgeber bei erforderlichen Betriebsratsaufgaben außerhalb des Betriebs unter Angabe der voraussichtlichen Dauer der Abwesenheit abzumelden und bei der Rückkehr wieder zurückzumelden. Über den Ort der beabsichtigten Betriebsratstätigkeit muss das Betriebsratsmitglied den Arbeitgeber jedoch nicht informieren.

Sachverhalt:

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die freigestellten Betriebsratsmitglieder suchten die Kanzlei ihres Rechtsanwalts auf, um sich für eine Einigungsstellensitzung (02. März 2012) rechtlich beraten zu lassen. Am 24.02.2012 beantragten die freigestellten Betriebsratsmitglieder mithilfe der üblichen Dienstreiseantragsformulare des Betriebes (Dienstanweisung Nr. 10/05 vom 07. November 2005 „Durchführung und Abrechnung von Dienstreisen“) für den 01. März 2012 die Fahrt zur Kanzlei zurück. Als Grund gaben sie „Besprechung mit unseren Beratern in Rechtsfragen“ an.
Die Arbeitgeberin verwies den Antrag am 19. März 2012 mit der Begründung, dass sie bei kostenauslösenden Maßnahmen wissen muss, ob der Betriebsrat Aufgaben nach dem Betriebsverfassungsgesetz nachgehe oder nicht. Sie forderte zukünftig eine Ab- und Rückmeldung der Betriebsratsmitglieder bei Verlassen des Betriebes innerhalb der Arbeitszeit. Des Weiteren müsse dabei Ort und Dauer der Betriebsratstätigkeit angegeben werden. Die Ab- und Anmeldung soll weiterhin schriftlich und ausschließlich an die Arbeitgeberin erfolgen. Die Erstattung der Reisekosten erfordert eine Genehmigung vor Reiseantritt und eine Beachtung der beschriebenen Ab- und Anmeldepflichten.

Der Betriebsrat jedoch vertritt die Auffassung, dass die freigestellten Mitarbeiter nicht verpflichtet sind, sich bei der Wahrnehmung externer Betriebsratstätigkeiten ab- und zurückzumelden. Der freigestellte Mitarbeiter könne über das dienstliche Mobiltelefon erreicht werden.

Das Bundesarbeitsgericht entschied die Angelegenheit zugunsten der Arbeitgeberin.

Entscheidung:

Der Antrag des Betriebsrats war überwiegend unbegründet.

Nicht freigestellte Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist (§ 37 Abs. 2 BetrVG). Das Betriebsratsmitglied muss sich allerdings nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ab- und rückmelden. Dies ergibt sich aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG und den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten iSd. § 241 Abs. 2 BGB. So kann der Arbeitsgeber trotz Arbeitsausfall die Arbeitsabläufe organisieren und Störungen vermeiden.

Nach § 38 Abs. 1 BetrVG können Betriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit freigestellt werden zum Zwecke der Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben. Sie unterliegen somit keiner arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung, sind aber dennoch nach § 38 Abs. 1 BetrVG verpflichtet, während seiner vertraglichen Arbeitszeit im Betrieb anwesend zu sein und sich dort für anfallende Betriebsratsarbeit bereitzuhalten. Daher hat der Arbeitgeber auch bei diesen Mitgliedern des Betriebsrats ein berechtigtes Interesse daran, ob und wie lange ein freigestelltes Betriebsratsmitglied abwesend ist. Dies ergibt sich auch aus den vertraglichen Nebenpflichten aus § 241 Abs. 2 BGB und der Pflicht aus § 2 Abs. 1 BetrVG.
Dagegen hat die Arbeitgeberin kein berechtigtes Interesse an der Bekanntgabe des Ortes der beabsichtigten Betriebsratstätigkeit. In Betracht kommt diese Angabe nur, wenn das Betriebsratsmitglied eine Kostenrückerstattung fordert, damit der Arbeitgeber die Erforderlichkeit der außerhalb des Betriebes wahrgenommenen Betriebsratsaufgaben prüfen kann. Dafür genügt aber auch eine nachträgliche Information.

Fazit:

Es kann allen Beteiligten, sowohl Betriebsratsmitgliedern wie Arbeitgebern nur empfohlen werden, klare Regelungen zu vereinbaren, um Missverständnisse zu vermeiden. Ein Streit im Nachhinein zu lösen, ist schwieriger als sich Gedanken über eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu machen.

Guido Wurll
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Rechtsanwalt