Unwiderrufliche Freistellung in Aufhebungsvereinbarungen: Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld?

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat in ihrer aktuellen Geschäftsanweisung vom 20.07.2016 ihren örtlichen Agenturen die Anweisung erteilt, Zeiten einer unwiderruflichen Freistellung bei der Berechnung des Bemessungszeitraumes für das Arbeitslosengeld nicht mehr zu berücksichtigen.

Dies kann sich in einigen Fällen erheblich auf die Höhe des Arbeitslosengeldes auswirken. Es gilt daher, ein paar Punkte zu berücksichtigen.

Situation

In der Arbeitspraxis ist es häufig üblich, in Aufhebungsvereinbarungen oder auch Prozessvergleichen die Freistellung des Mitarbeiters bis zum eigentlichen Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren. Dies geschieht meist, weil der Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen keinen Beschäftigungsbedarf mehr hat oder den Arbeitnehmer verhaltensbedingt nicht mehr sehen will. Aber auch bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers haben beide Seiten während der Kündigungsfrist an der Weiterarbeit häufig kein Interesse mehr. In der Regel erfolgt die Freistellung dabei unter Fortzahlung der Bezüge.

Eine widerrufliche Freistellung, bei der der Arbeitgeber von dem Arbeitnehmer jederzeit die Wiederaufnahme der Arbeit verlangen kann, hat keine Auswirkungen auf die Berechnung von Arbeitslosengeld. Dies soll nach der aktuellen Geschäftsanweisung der BA bei einer unwiderruflichen Freistellung jedoch anders sein. Konkret bedeutet dies, dass diese Zeiten – obwohl hier weiter Arbeitsentgelt bezogen wird – aus dem für die Arbeitslosengeldberechnung relevanten Zeitraum herausgenommen würden.

Rechtliche Einschätzung

Diese Praxis der BA wird derzeit überwiegend für rechtlich nicht haltbar erachtet. Es gibt dafür weder eine Stütze im Gesetz noch einen ersichtlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung einer unwiderruflichen und einer widerruflichen Freistellung in diesen Fällen. Dennoch ist derzeit nicht abzuschätzen, wie die Agenturen für Arbeit mit solchen Sachverhalten umgehen werden.

Eine Auswirkung auf die Höhe des Arbeitslosengeldes kommt aber in der Regel nur in folgenden Konstellationen in Betracht:

  • Die Freistellung betrifft einen sehr langen Zeitraum (z.B. 12 Monate)
  • Vor der Freistellung gab es zusätzlich lange Zeiträume, in denen kein Anspruch auf Arbeitsentgelt bestand (z.B. Erziehungsurlaub oder Krankengeldbezug)
  • Vor dem Freistellungszeitraum war das Arbeitsentgelt wesentlich höher

Hinweise für die Praxis

In Fällen, in denen Vereinbarungen mit einer unwiderruflichen Freistellung getroffen werden, ist zunächst zu prüfen, ob sich dies überhaupt auf die Höhe des Arbeitslosengeldes auswirken würde. Besondere Vorsicht gilt bei Vorliegen der o.g. Konstellationen.

Sofern Unsicherheiten bestehen, ist es in diesen Fällen unbedingt ratsam, sich eine rechtliche Einschätzung einzuholen.

Zur Risikominimierung kann natürlich von Beginn an nur die widerrufliche Freistellung vereinbart werden.

Guido Wurll
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Rechtsanwalt