Für Eltern, deren Kinder nach dem 1. Juli 2015 geboren werden, gelten neue Regeln zur Elternzeit und zum Elterngeld, die sich sowohl auf Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer erheblich auswirken können.
1. Die neue Elternzeit (§§ 15 und 16 BEEG):
Neue Aufteilung der Elternzeit bis zum achten Geburtstag des Kindes
Eltern, deren Kinder nach dem 01.07.2015 geboren werden, können die Elternzeit zukünftig nicht mehr nur in zwei, sondern drei Teilabschnitte aufteilen. Wie bisher können Arbeitnehmer insgesamt drei Jahre Elternzeit in Anspruch nehmen. Allerdings ist es jetzt möglich, einen Zeitanteil von bis zu 24 Monaten auf die Zeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem achten Geburtstag des Kindes zu legen. Einer Zustimmung des Arbeitgebers zur Inanspruchnahme des Zeitanteils zwischen dem dritten und dem achten Geburtstag des Kindes bedarf es in diesem Fall nicht mehr.
Ablehnung nur aus dringenden betrieblichen Gründen
Der Arbeitgeber kann die Inanspruchnahme der Elternzeit allerdings innerhalb von acht Wochen nach Zugang des Antrags aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen, wenn es sich hierbei um den dritten Zeitanteil handelt und dieser innerhalb des dritten und des achten Geburtstages des Kindes liegen soll. An diese dringenden betrieblichen Gründe sollen hohe Anforderungen gestellt werden. In diesem Zusammenhang muss der Arbeitgeber darlegen, dass der dritte Elternzeitabschnitt zu erheblichen Beeinträchtigungen betrieblicher Belange führen würde.
Längere Ankündigungsfrist für Elternzeit und Elternteilzeit nach dem dritten Geburtstag des Kindes
- Bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes bleibt es bei der Frist von sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit.
- Wird Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem achten Geburtstag des Kindes verlangt, muss die Elternzeit mindestens 13 Wochen vor Inanspruchnahme verlangt werden.
- Für Elternzeit, die vor dem dritten Geburtstag beginnt und ohne Unterbrechung darüber hinaus andauert, muss für den Anteil vor dem dritten Geburtstag die Frist von sieben Wochen, für den Anteil nach dem dritten Geburtstag die Frist von 13 Wochen eingehalten werden.
- Wird während der Elternzeit nach dem dritten Geburtstag des Kindes Elternteilzeit verlangt, gilt auch hier eine Ankündigungsfrist von 13 Wochen.
Elternzeit bei Arbeitgeberwechsel
Kommt es in Arbeitsverhältnissen zwischen dem dritten und dem achten Geburtstag des Kindes zu einem Arbeitgeberwechsel, bleibt die in den ersten drei Lebensjahren des Kindes nicht in Anspruch genommene Elternzeit erhalten. Arbeitgeber müssen daher bei Neueinstellungen damit rechnen, dass der Arbeitnehmer möglicherweise noch bis zu zwei Jahre Elternzeit in Anspruch nehmen kann. Über die nicht genommene Elternzeit hat der bisherige Arbeitgeber eine Bescheinigung zu erstellen.
Besonderer Kündigungsschutz
Während der Elternzeit besteht wie bisher Kündigungsschutz.
Vor Beginn der Elternzeit besteht Kündigungsschutz
- bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes, frühestens acht Wochen vor Beginn der Elternzeit und
- zwischen dem dritten Geburtstag und dem achten Geburtstag des Kindes, frühestens 14 Wochen vor Beginn der Elternzeit.
Zustimmungsfiktion hinsichtlich der Elternteilzeit
Während der Elternzeit können Arbeitnehmer wie bisher eine Teilzeitbeschäftigung bis zu 30 Wochenarbeitsstunden verlangen. Neu ist, dass hier eine Zustimmungsfiktion eingeführt wurde, die der des TzBfG entspricht.
Die Elternteilzeit gilt kraft Gesetzes als erteilt, wenn
- der Arbeitgeber diese bei einer Elternzeit zwischen der Geburt und dem vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes nicht spätestens vier Wochen nach Zugang des Antrags oder
- bei einer Elternzeit zwischen dem dritten und dem achten Geburtstag des Kindes nicht spätestens acht Wochen ab Zugang des Antrags
schriftlich ablehnt.
2. Das neue Elterngeld
Elterngeld Plus
Nach bisheriger Rechtslage konnten Eltern bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des Kindes Elterngeld (Basiselterngeld) beziehen.
Nach neuer Rechtslage kann das neue Elterngeld Plus auch nach dem 14. Lebensmonat bezogen werden, solange es ab dem 15. Lebensmonat in aufeinanderfolgenden Lebensmonaten zumindest von einem Elternteil in Anspruch genommen wird. Jeder Elternteil kann statt eines Elterngeldmonats zwei Elterngeld Plus-Monate in Anspruch nehmen und damit die gesamte Bezugszeit verdoppeln. Das Elterngeld Plus beträgt dann monatlich höchstens die Hälfte des Elterngeldes, das ohne Einkommen gezahlt würde. Das „alte“ Elterngeld bietet sich damit in der Phase ohne Erwerbseinkommen oder nur mit geringem Einkommen an. In der Phase einer Teilzeitbeschäftigung mit einem höheren Beschäftigungsumfang und höherem Einkommen empfiehlt sich der Bezug von Elterngeld Plus. Paare können damit bis zu 14 Monate gleichzeitig Elterngeld beziehen und bis zu 30 Stunden pro Woche arbeiten.
Der Partnerschaftsbonus
Sind beide Elternteile in vier aufeinanderfolgenden Lebensmonaten des Kindes gleichzeitig durchschnittlich zwischen 25 und 30 Wochenstunden erwerbstätig, so hat jeder Elternteil für diese vier Monate einen weiteren Anspruch auf Elterngeld plus.
3. Fazit:
Die Änderungen der Elternzeit und des Elterngeldes sollen einerseits die Rechte der Eltern, die Elternzeit beantragen möchten, erheblich stärken. Im Gegenzug soll die Anzahl der Eltern, die sich frühzeitig für eine Rückkehr an ihren Arbeitsplatz in sog. vollzeitnaher Teilzeit entscheiden, durch Anreize beim Elterngeld erhöht werden. Für die Arbeitgeber bedeutet insbesondere die Änderung bei der Elternzeit hingegen eine erhebliche Unsicherheit hinsichtlich der Zeiten und Abschnitte, in denen Elternzeit beantragt werden kann. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich die Änderungen in der Praxis letztlich durchsetzen.
Guido Wurll
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Rechtsanwalt