Betrieblicher Datenschutzbeauftragter und Betriebsrat (BAG, Beschluss vom 27.4.2021 – 9 AZR 383/19)

Problemaufriss

Ein Datenschutzbeauftragter ist in Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten in der Datenverarbeitung Pflicht. Unternehmen können hierbei auf externe Datenschutzbeauftragte zurückgreifen oder einen eigenen Mitarbeiter als Datenschutzbeauftragten einsetzen (sog. betrieblicher Datenschutzbeauftragter). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob diese Funktion auch ein Mitarbeiter bekleiden kann, der gleichzeitig Betriebsratsmitglied ist.

Der Fall

Der Arbeitgeber hatte den Arbeitnehmer und gleichzeitigen Betriebsratsvorsitzenden vom Amt des Datenschutzbeauftragten abberufen. Vor der Abberufung hatte der zuständige Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit beanstandet, dass der Betriebsratsvorsitzende nicht über die datenschutzrechtlich notwendige Zuverlässigkeit verfüge, um das Amt des betrieblichen Datenschutzbeauftragten auszuüben. Der Betriebsratsvorsitzende hatte gegen die Abberufung vor dem Arbeitsgericht Dresden geklagt. Im Prozess stritten die Parteien insbesondere darüber, ob es mit dem Amt des Datenschutzbeauftragten vereinbar ist, dass der Kläger zugleich Betriebsratsvorsitzender ist. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht Sachsen gaben der Klage statt, da sie beide mangels Vorliegens eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 BGB keinen Abberufungsgrund nach deutschem Recht gesehen haben.

Die Vorlage des BAG

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat ebenfalls keinen Abberufungsgrund nach deutschem Recht gesehen. Da die deutschen Regelungen, die Abberufungsmöglichkeit von Datenschutzbeauftragten jedoch weiter einschränken als die Regelugen der DSGVO, hat das BAG dem EuGH die Frage vorgelegt, ob dies unionsrechtskonform sei. Falls der EuGH (wie das BAG) keinen Unionsrechtsverstoß darin sehen sollte, möchte das BAG außerdem wissen, ob das Amt des Datenschutzbeauftragten und des Betriebsratsvorsitzenden in Personalunion ausgeübt werden darf oder ob dies zu einem Interessenkonflikt nach der DSGVO führt.

Ausblick

Zwar hatte das BAG im Jahr 2011 (vor Inkrafttreten der DSGVO) einmal entschieden, dass die Mitgliedschaft im Betriebsrat mit dem Amt des Datenschutzbeauftragten vereinbar ist. Ob an dieser Entscheidung festgehalten werden kann, ist jedoch offensichtlich auch für das BAG nunmehr fraglich. Nach der Vorlage des BAG an den EuGH ist zwischenzeitlich am 18.06.2021 das Betriebsrätemodernisierungsgesetz in Kraft getreten, wonach der Betriebsrat gemäß § 79a BetrVG zur Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften angehalten wird. In § 79a Satz 4 BetrVG ist geregelt, dass der Datenschutzbeauftragte gegenüber dem Arbeitgeber zur Verschwiegenheit über Informationen verpflichtet ist, die Rückschlüsse auf den Meinungsbildungsprozess des Betriebsrates zulassen. Die Regelung verdeutlicht noch einmal, dass der Datenschutzbeauftragte auch den Betriebsrat wegen der Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben überprüfen darf und soll. Es dürfte für das in Personalunion tätige Betriebsratsmitglied schwierig sein, den Pflichten als Datenschutzbeauftragter gegenüber dem eigenen Gremium neutral nachzukommen.

Wenn die Aufsichtsbehörde die Abberufung verlangt, die Arbeitsgerichte jedoch eine Abberufung für unwirksam erachten, stellt sich in der Praxis das unbefriedigende Problem, dass der Arbeitgeber schon nicht die Möglichkeit hat, sich rechtskonform zu verhalten. Insoweit wäre eine Klarstellung des EuGH begrüßenswert.

 

Andreas Jakobs (Fachanwalt für Arbeitsrecht)